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Niedrigzinsumfeld und die Reaktion der Versorgungswerke

Blog-Eintrag -

Niedrigzinsumfeld und die Reaktion der Versorgungswerke

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld setzt nahezu alle verpflichtungsorientierten Anleger*innen unter Druck. Sowohl Aktiv- als auch Passivseite der Bilanz befinden sich im Sog niedriger bzw. auf niedrigem Niveau stagnierender Zinsen. Auf der Aktivseite der Versicherungsbilanz wird es zunehmend schwieriger, die notwendigen Kapitalerträge zu erzielen, um den Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen nachzukommen. Auf der Passivseite führen die Absenkungen von Rechnungszinsen bei neuen Verträgen dazu, dass langfristig zukünftige Leistungsversprechen an Versicherungsnehmer*innen geschmälert werden und die Versicherung an Attraktivität verliert. Der Zinsdruck ist somit auch hier deutlich zu spüren und erhöht den Wettbewerbsdruck.

Marktzins macht Rechnungszinsabsenkung notwendig

Das gilt auch für Versorgungswerke. Ein Vergleich des mittleren Rechnungszinses der Versorgungswerke mit dem zehnjährigen Euro Midswap verdeutlicht, dass dieser seit 2008 dauerhaft unterhalb des mittleren Rechnungszinses liegt und weiterhin auf niedrigstem Niveau verharrt. Die Schere hat sich dabei im Laufe der Zeit deutlich geöffnet. Während der Midswap per Ende 2020 negativ ist, liegt der mittlere Rechnungszins nach wie vor bei über drei Prozent. Weitere Staatsverschuldungen angesichts von Corona sowie politische Unsicherheiten wie schwelende Handelskonflikte erschweren eine Erholung des Zinsniveaus.

Die genauere Betrachtung der Rechnungszinsen von 70 Versorgungswerken in Deutschland im Jahr 2020 zeigt, dass 47 und damit mehr als die Hälfte einen Rechnungszins von drei Prozent oder höher ausweisen. Nur bei ungefähr einem Drittel liegt der Rechnungszins bereits unter dieser Marke.

Ausbau der Anlagerisiken und Senkung des Rechnungszinses

Ein Rechnungszinsniveau weit über dem aktuellen Marktzins führt dazu, dass die benötigte Rendite nur sehr schwer oder durch das Eingehen höherer Risiken erzielt werden kann. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die Leistungszusagen mit einem höheren Rechnungszins verzinst werden als die Kapitalanlagen an Verzinsung generieren können. Somit kann eine Senkung der Rechnungszinsen bei ausreichenden Reserven zielführend sein, um die drohende Lücke zu schließen.

Rechnungszinssenkung: Gesamtbestand oder Mischzins?

Wird der Rechnungszins gesenkt, entsteht häufig eine Diskussion um die Behandlung bereits bestehender und neuer Tarife bzw. von bereits gezahlten und zukünftigen Beiträgen, kurz gesagt um die Generationengerechtigkeit. In der Regel bezieht sich die Maßnahme auf die Verzinsung neuer Tarife oder zukünftiger Beiträge. Die bestehenden Tarife und bereits erworbene Anwartschaften aus schon geleisteten Beitragszahlungen der Versicherungsnehmer*innen hingegen werden weiterhin mit dem bisherigen Rechnungszins verzinst. Der dadurch entstehende Mischzins auf den gesamten Bestand kann also weiterhin deutlich über dem aktuellen abgesenkten Rechnungszins liegen.

Belastung der Passivseite

Eine weitere Absenkung der Rechnungszinsen ist aufgrund der teilweise noch hohen Rechnungszinsannahmen im Vergleich zum Marktzins in den nächsten Jahren denkbar, würde jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Passivseite der Bilanz mit sich bringen. Diese wird maßgeblich geprägt von der Deckungsrückstellung, die den in der Bilanz angesetzten Wert der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen darstellt.

Grundlage für die anzusetzenden Deckungsrückstellungen, deren zukünftige Höhe unsicher ist, bilden die vom Aktuar genutzten Rechnungsgrundlagen, die Finanzierungsmethode sowie die getroffenen Annahmen hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen. Hierzu gehören z. B. die Annahmen zum Neuzugang und deren Beitragshöhe. Je nach verwendeter Grundlage können somit Überschüsse erwirtschaftet werden, die über die benötigten Mittel hinaus die Rücklagen stärken können.

Die Höhe der Deckungsrückstellungen spiegelt zum einem die Anzahl der Versicherten und die Höhe der Versicherungssummen wider, zum anderem können hohe Deckungsrückstellungen auch ein Indiz für eine vorsichtige Bewertung hinsichtlich der gewählten Parameter der zukünftigen Versicherungsleistungen sein. Eine Absenkung des Rechnungszinses würde somit zu höheren Deckungsrückstellungen führen, die die Passivseite der Bilanz belasten. Dadurch ergibt sich gleichzeitig eine höhere absolute Solvabilitätskapitalanforderung.

ALM schafft Sicherheit

Ein aktives Asset-Liability-Management hilft bei der Frage der unmittelbaren und längerfristigen Auswirkungen einer Rechnungszinsabsenkung und berücksichtigt bei der Auswahl alternativer Renditequellen auch die Passivseite der Bilanz. Im Vordergrund steht hierbei die Sicherheit, die Leistungszusagen nachhaltig finanzieren zu können. Eventuelle Anpassungen auf der Passivseite können mit einer ALM-Studie identifiziert, Handlungsmöglichkeiten abgeleitet und deren Auswirkungen langfristig gesteuert werden. Dadurch wird neben der Aktiv- eine optimale Steuerung der Passivseite erreicht.

Die apoBank besitzt mit über 15 Jahren Erfahrung ein umfangreiches und tiefgehendes Knowhow im Asset-Liability-Management, nicht nur auf der Aktivseite, sondern auch auf der Passivseite durch ausgebildete Aktuare.

Marktkommentar von Felix Cloos, Leiter Strategisches Consulting im Bereich Institutionelle & Asset Management (IAM) der apoBank

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Christoph Koos

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