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Sektorenfrei oder wieviel Krankenhaus braucht das Land?
Rund 300 Mitglieder des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) beschäftigten sich am 26. und 27. April 2021 auf ihrer Jahrestagung mit der Zukunft der Gesundheitsversorgung. In dem digitalen Format befassten sich zahlreiche Diskussionsbeiträge u. a. mit der Ambulantisierung des Gesundheitswesens sowie den damit einhergehenden Bedarfsplanungen und Vergütungssystemen.
Flächendeckende Versorgung
Derzeit erfolgt die Bedarfsplanung durch die Länder für die stationäre bzw. über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) für die ambulante Versorgung – mit jeweils unterschiedlichen Vergütungssystemen.
VKD-Präsident Dr. Josef Düllings formulierte dazu die Position seines Verbands. An die Bundesländer als Verantwortliche gerichtet erwarte der VKD, die flächendeckende Versorgung zu sichern und zu einer Gesundheitsplanung sowohl der stationären als auch der ambulanten Versorgung überzugehen, wobei die jeweiligen regionalen Unterschiede und Entwicklungen zu berücksichtigen seien.
Hinsichtlich Finanzierung für den stationären Sektor ruft der VKD Bund und Länder gemeinsam auf, eine tragfähige und verlässliche Lösung für die Investitionsmittel zu finden. Zudem fordert er einen Neustart des DRG-Fallpauschalensystems, das z. B. auch eine Strukturkomponente zur Absicherung der Vorhaltekosten beinhaltet und die notwendige Ambulantisierung berücksichtigt. Mit Blick auf die Fachärzte verwies er darauf, dass knapp 80 Prozent der KV-Ärzte über 50 Jahre alt seien, sodass sich der Engpass in den ambulanten Niederlassungen auf absehbare Zeit weiter verschärfen werde.
Digitale Infrastruktur
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn beschrieb zu Beginn seines Eingangsstatements die Dauerbelastung durch die Pandemie. Mit dem ambulanten Sektor sei es gelungen, leichte Fälle durch die niedergelassenen Ärzte zu behandeln. Zusammen mit den Leistungen des stationären Sektors müsse in Deutschland noch nicht von einer Überlastung, wohl aber von einer sehr hohen Belastung gesprochen werden.
Um künftig eine sektorenübergreifende Versorgung zu ermöglichen, sei die Digitalisierung eine wesentliche Grundlage. Für die zweite Jahreshälfte werden vermehrt die Anträge der Länder für die Fördermittel nach dem Krankenhauszukunftsgesetz erwartet, mit dem der Bund erstmals in die digitale Infrastruktur der Kliniken investiert. Bei der Gestaltung der Versorgung gehe es um flächendeckende und gut abgestimmte Konzepte, die dem Patienten die höchstmögliche Qualität bieten. Hier müssten die Strukturveränderungen und weiterhin die Bedarfsplanung ansetzen – auch um die Kliniken regelhaft für ambulante Behandlungen in unterversorgten Gebieten zu öffnen und umgekehrt Bereiche für die sektorenübergreifende Versorgung zu definieren.
Bundesmittel im Gesundheitswesen
Die Gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen, Maria Klein-Schmeink, MdB skizzierte den Ansatz ihrer Partei für die kommende Legislaturperiode. Eine Reform der Krankenhäuser sei einzubetten in eine Reform der sektorenübergreifenden Versorgung. Eine bundesweit einheitliche Herangehensweise an die Krankenhausplanung, die auf wissenschaftliche und qualitativen Standards basiert, könne die Grundlage für ein gestuftes Verfahren sein. Die Ausgestaltung ambulant, stationär und Spezialisierungen sollen regional erfolgen. Dabei sei die rein fallzahlenabhängige Vergütung nicht tragfähig. Mit einem Anteil von 50 Prozent aus Bundesmitteln sei eine stabile Komponente für die Investitionskosten in den Kliniken vorgesehen.
Föderale Verantwortung
Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erläuterte der Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß die Positionen. Bei bundesweiten Orientierungsvorgaben legte er Wert auf die föderale Verantwortung der Länder, die für die Planung zuständig bleiben sollen. Wenngleich nicht jedes Krankenhaus unverändert alle Leistungen vorhalten sollte, sei es wesentlich, die qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten. Gezielte Veränderungen werde der DKG im Interesse der Patienten und der Beschäftigten mitgehen. Bei Strukturveränderungen dürfe die Rolle der Kliniken als Ausbilder für den pflegerischen Nachwuchs nicht vergessen werden.
Flexibilisierung der Einrichtungen
Auch für Stefanie Stoff-Ahnis, Mitglied des Vorstands des GKV-Spitzenverbands, steht die Frage im Raum, welche Krankenhäuser künftig nötig sind und wie die flächendeckende Versorgung gelingen kann. Es seien Reformen erforderlich und insbesondere die Krankenhausplanung sei strukturell und im Hinblick auf die Qualität nicht zufriedenstellend. Bei der Überversorgung in den Ballungsräumen gebe es Ansätze, um das Ambulantisierungspotenzial zu nutzen und Spezialisierungen voranzubringen. Zu den Positionen des GKV zählt u. a., dass auch Kliniken in ländliche Gesundheitszentren umgewandelt oder Bestandteil von regionalen Versorgungsnetzwerken werden sollten. Auch sollte die Ambulantisierung in Sicherstellungsregionen vorangetrieben werden.