Blog-Eintrag -
Wieder auf der politischen Agenda: Die Bürgerversicherung
Von Daniel Zehnich, Leiter Gesundheitsmärkte und -politik
Ob Bundestagswahlkampf oder Jamaika-Verhandlungen, Gesundheitsthemen standen bisher nicht weit oben auf der politischen Agenda. Mit den aktuellen Überlegungen der SPD, sich auf ein Comeback der Großen Koalition einzulassen, ändert sich das gerade: Die Bürgerversicherung ist wieder da.
Im Kern geht es bei der Bürgerversicherung darum, alle Bürger - unabhängig von ihrem Beruf und ihrem Einkommen - in eine einheitliche Krankenversicherung einzubeziehen. Eine solche Einheitsversicherung würde eine massive Veränderung für unser Gesundheitssystem bedeuten.
Finanzierbarkeit der gesundheitlichen Versorgung
Mit Blick auf die demografische Entwicklung unserer Bevölkerung und die Chancen, die der medizinisch-technische Fortschritt uns bietet, halte ich die Frage nach der künftigen Finanzierbarkeit für durchaus berechtigt. Die finanziellen Möglichkeiten der gesetzlichen Krankenversicherungen sind nun einmal auf die Beitragseinnahmen ihrer Mitglieder begrenzt - also perspektivisch in ihrem Wachstum weitreichend geschwächt. Eine Einheitsversicherung würde diesen Herausforderungen allerdings nicht gerecht. Zumal gerade bei medizinischen Innovationen die private Krankenversicherung ein wichtiger Türöffner ist.
Und auch aus ökonomischer Sicht bleiben nachhaltige Erfolge zweifelhaft: Berechnungen zufolge würde eine Bürgerversicherung mit steigenden Beiträgen zulasten der Patienten einhergehen. Außerdem würde eine Leistungsreduzierung im Einheitssystem zu einer Zwei-Klassen-Versorgung führen. Gute Medizin werden sich dann vorrangig Besserverdiener leisten können.
Zukunftsorientierte Gesundheitspolitik
Bei den anstehenden Gesprächen der politischen Akteure wird es darauf ankommen, aus der Patientenperspektive heraus, die großen Herausforderungen im Gesundheitsmarkt entschlossen anzugehen. Eine Einheitsversicherung wird weder die ökonomischen Probleme lösen noch die Versorgung nachhaltig verbessern. Beispiele aus dem Ausland gibt es hierfür genug.
Aus meiner Sicht gilt es, weitere Stellschrauben der Finanzierung der Gesundheitsversorgung mit den komplexen Herausforderungen in Einklang zu bringen und auf die politische Agenda zu setzen. Dann sprechen wir über Veränderungen der Beitragsbemessungsgrenzen, paritätische Finanzierung, Familienversicherung oder mehr Eigenverantwortung für Patienten. Um diese Themen zu bewältigen, werden alle Seiten Kompromissfähigkeit zeigen müssen.