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MVZ: Chance oder Risiko?
Die Daten sprechen für sich: Seit der Gesetzgeber 2004 medizinische Versorgungszentren, kurz MVZ zugelassen hat, ist deren Zahl rasant gestiegen. Ende 2016 meldete die Kassenärztliche Bundesvereinigung knapp 2.500 solche Einrichtungen. 91 Prozent der Ärzte arbeiten dort als Angestellte. 43 Prozent befinden sich in ärztlicher Trägerschaft.
Seit Mitte 2015 auch fachgleiche MVZ möglich sind, ist auch die Anzahl der Zahnärzte-MVZ deutlich gestiegen. Nach der Auswertung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung nahmen Mitte 2017 knapp 360 MVZ an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil.
Junge Heilberufler bevorzugen die Anstellung
Die steigende Nachfrage nach dieser Versorgungsform kennt Sybille Schultebraucks, Kundenberaterin der apoBank, aus ihrem Tagesgeschäft. Weil es bei solchen Überlegungen sehr auf die individuellen Beweggründe ankommt, lud sie interessierte Kunden Anfang März zu einer Infoveranstaltung nach Dortmund.
Rechtsanwältin Lisa Gausepohl aus dem Bereich Gesundheitsmärkte und –politik der apoBank erläuterte den Teilnehmern die Entwicklung der Zulassungsdaten von MVZ. Anhand der Ergebnisse der apoBank-Studie Chance Niederlassung schilderte sie, warum der Trend zur Anstellung in der ambulanten Medizin zu dieser Versorgungsform passt: Junge Heilberufler legen verstärkt Wert auf ihre Work-Life-Balance. Zudem begründet ihr Wunsch nach Teilzeitarbeit und Teamarbeit die Präferenzen für eine Angestelltentätigkeit. Nach ihrem zukünftigen Arbeitsverhältnis gefragt, zählt die Tätigkeit in einem MVZ für viele junge Ärzte und Zahnärzte zu den Favoriten.
Fallstricke für Vertragsärzte?
Die Gründung eines MVZ ist insbesondere auch Vertragsärzten möglich, sowohl unter Einbringung ihrer Zulassung in das MVZ als auch als eigenes MVZ neben der eigenen Praxis. Worauf Vertragsärzte hierbei achten sollten, war Schwerpunkt der Informationen von den Fachanwälten für Medizinrecht der „Kanzlei am Ärztehaus“, Michael Frehse aus Münster und Dr. Tobias-Scholl-Eickmann aus Dortmund. Allgemein betrachtet bietet die Rechtsform MVZ eine Reihe von Vorteilen. Hierzu zählt beispielsweise, dass es keine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der angestellten Ärzte gibt, einmal genehmigte Arztstellenkönnen ohne Ausschreibung nachbesetzt werden und auch Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl weiterer Tätigkeitsorte entfallen.
Den beiden Fachanwälten für Medizinrecht war es jedoch auch ein Anliegen, Fehlvorstellungen, die im Zusammenhang mit der Gründung und dem Betrieb von MVZ bestehen, aufzulösen. Sie verwiesen beispielsweise darauf, dass der Gesetzgeber bei einer MVZ-GmbH, durch das Erfordernis einer unbeschränkten Bürgschaft für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigung, die sonst für diese Rechtsform übliche, Haftung herausgenommen hat. Folglich haben Vertragsärzte bei einer solchen Konstellation keinen Haftungsvorteil. Wird die MVZ-Gründung vorwiegend für die spätere Nachfolge geplant, kann eine Berufsausübungsgemeinschaft, nicht nur mit Blick auf steuerliche Aspekte vorteilhafter sein.
Ihr Tipp für Vertragsärzte: Im Mittelpunkt sollte die Frage stehen, was mit der neuen Rechtsform erreicht werden soll. Von dieser Antwort lässt sich ableiten, ob das MVZ oder andere Möglichkeiten zu dem jeweiligen Vorhaben passen.