Pressemitteilung -
Fachärztliche Praxisgründung: Große Unterschiede bei Investitionen je nach Fachrichtung
Wie viel Geld Gründerinnen und Gründer für eine Niederlassung in die Hand nehmen müssen, hängt stark von der Fachrichtung ab. Geräteintensive Medizin ist mit höheren Investitionen verbunden als die sprechende Medizin. So beispielsweise die Orthopädie: Für die Übernahme einer Einzelpraxis - nach wie vor favorisiertes Modell in allen Arztgruppen - zahlten die Gründer in den Jahren 2023/2024 im Schnitt 397.700 Euro. Die geringsten Übernahmepreise wurden mit durchschnittlich 46.400 Euro in der Psychiatrie und Psychotherapie entrichtet. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank). In Kooperation mit dem Zentralinstitut für Kassenärztliche Versorgung (Zi) hat sie die ärztlichen Existenzgründungen für die Jahre 2023 und 2024 ausgewertet.
Neuer Höchststand bei Investitionen für Facharztpraxen
Bei der Übernahme einer Praxis kommen zu dem Kaufpreis grundsätzlich weitere Investitionen hinzu - sei es durch Umbau, Anschaffung neuer medizinisch-technischer Geräte, Einrichtung, IT oder für die ersten Betriebsmittel. Entsprechend kostete die Niederlassung in einer orthopädischen Einzelpraxis im Schnitt insgesamt 529.100 Euro. In der Pädiatrie war das Durchschnittsvolumen halb so hoch und lag bei 237.400 Euro, in der Gynäkologie bei 290.400 Euro. Noch deutlich günstiger konnten sich Psychiater und Psychotherapeuten niederlassen: Für eine Einzelpraxisübernahme haben sie insgesamt 62.400 Euro aufgewendet. Damit haben die Kosten für eine Niederlassung in allen Facharztgruppen einen neuen Höchststand erreicht.
„Abgesehen von Unterschieden zwischen den Fachrichtungen gibt es auch innerhalb dieser große Spreizungen bei den Gesamtinvestitionen“, erklärt Nicole Wortmann, Leiterin des Bereichs Gesundheitsmarkt bei der apoBank. „Die Gründe dafür können in der Praxisgröße, dem übernommenen Kooperationsanteil und dem Zulassungsumfang liegen. Auch die Lage ist relevant und beeinflusst den Wert der Praxis, je nach Bevölkerungsstruktur und dem medizinischen Netzwerk vor Ort.“
Niederlassung in BAG meist günstiger
In der Regel war die Übernahme einer Einzelpraxis für fast alle Fachrichtungen die teuerste Option für den Start in die Selbständigkeit. Ausnahme war die Psychiatrie und Psychotherapie - hier war eine kooperative Gründung kostspieliger als die Übernahme einer Einzelpraxis: 101.300 Euro fielen im Schnitt an Gesamtinvestitionen an, um in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) dieser Fachrichtung einzutreten. Gynäkologinnen und Gynäkologen, die diesen Weg wählten, zahlten insgesamt 247.200 Euro im Schnitt, der Eintritt in eine pädiatrische BAG kostete durchschnittlich 164.800 Euro. Wer in der Orthopädie in eine BAG eintrat, musste zwar auch hier mehr als in anderen Disziplinen aufwenden, mit im Schnitt 451.300 Euro waren die Investitionen insgesamt jedoch immer noch niedriger als für die Übernahme einer Einzelpraxis.
Anteile an BAG meist gleichberechtigt aufgeteilt
Mit 39 Prozent wählte in den vergangenen zwei Jahren zwar nicht die Mehrheit, aber ein bedeutender Anteil der fachärztlichen Gründerinnen und Gründer eine kooperative Niederlassungsform. In mehr als der Hälfte der Fälle arbeiten dabei zwei Inhaber zusammen. Etwa drei Viertel der Fachärztinnen und Fachärzte, die in eine BAG eintraten, teilten außerdem die Anteile gleichberechtigt untereinander auf. „Vor allem in der Orthopädie beobachten wir tendenziell größere Praxen mit mehr Inhabern“, sagt Nicole Wortmann. „In einer Fachrichtung mit so viel unterschiedlichen Spezialisierungen – ob Handchirurgie, Arthroskopie oder Sportmedizin und vieles mehr – sind so genannte Mehrbehandler-Praxen sinnvoll. Oft fallen in diesem Zusammenhang größere Umbauarbeiten und Modernisierungen an. Da schätzen es viele, die damit verbundenen Investitionen auf mehrere Schultern verteilen zu können.“
Halbe Zulassung vor allem in der Psychiatrie und Psychotherapie verbreitet
Unabhängig davon, ob der Schritt in die Selbständigkeit über eine Einzelpraxis oder in einer kooperativen Niederlassungsform erfolgt: Eine halbe Zulassung ist dafür vor allem in der Psychiatrie und der Psychotherapie eine beliebte Lösung. Mehr als zwei Drittel der Gründerinnen und Gründer dieser Fachrichtung hat sich in den Jahren 2023/2024 auf diese Weise niedergelassen.
„Gerade in der Psychotherapie bietet sich das an, weil es nicht genügend freie Vertragsarztsitze für den Nachwuchs gibt und schon jetzt immer mehr Psychotherapeuten mit einer Teilzulassung arbeiten“, sagt Nicole Wortmann. „Eine halbe Zulassung ist entsprechend immer häufiger die einzige Möglichkeit, überhaupt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen zu können, aber sie genügt auch für ein solides und ausreichendes Einkommen.“
In der Gynäkologie, der Kinderheilkunde und der Orthopädie entscheiden sich bislang noch weniger als zwanzig Prozent für eine halbe Zulassung. Doch die Tendenz ist steigend, und die hohe Nachfrage führt dazu, dass die Kosten dafür in diesen Fachrichtungen meist überproportional hoch sind.
Fachärzte auf Patientendichte angewiesen
Eine seit Jahren beobachtete Entwicklung bestätigt sich erneut: Die Konzentration von Facharztpraxen in größeren Städten. Nur drei Prozent der Fachärztinnen und Fachärzte ließen sich in den vergangenen zwei Jahren auf dem Land nieder, 51 Prozent wählten als Standort für ihre Gründung eine Großstadt. Nicole Wortmann: „Vielfach ist es sinnvoll, dass Spezialistinnen und Spezialisten sich vorwiegend in Ballungszentren ansiedeln. Fachärzte sind für spezielle Krankheitsbilder zuständig und dadurch stärker von einer hohen Patientendichte abhängig. Dennoch stellt dieser anhaltende Trend eine Herausforderung für die Versorgung dar, weil für viele Menschen die Wege zum Facharzt zunehmend länger werden.“
Methodik
Die Ergebnisse basieren auf einer Stichprobe von 3.225 durch die apoBank begleiteten ärztlichen Existenzgründungen, die die apoBank in den Jahren 2023 und 2024 begleitet hat. Die anonymisierten Daten hat die apoBank gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) ausgewertet.
Die detaillierten Ergebnisse gibt es als Grafiken unten zum Download.
Zu den hausärztlichen Praxisgründungen haben wir bereits hier berichtet.
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Über die apoBank
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) ist die größte genossenschaftliche Primärbank und die Nummer eins unter den Finanzdienstleistern im Gesundheitswesen. Kunden sind die Angehörigen der Heilberufe, ihre Standesorganisationen und Berufsverbände, Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und Unternehmen im Gesundheitsmarkt. Die apoBank arbeitet nach dem Prinzip "Von Heilberuflern für Heilberufler", d. h. sie ist auf die Betreuung der Akteure des Gesundheitsmarktes spezialisiert und wird zugleich von diesen als Eigentümern getragen. Damit verfügt die apoBank über ein deutschlandweit einzigartiges Geschäftsmodell. www.apobank.de
Seit der Gründung vor 120 Jahren ist verantwortungsbewusstes Handeln in den Unternehmenswerten der apoBank fest verankert. Sie setzt sich fürs Miteinander ein, fördert Zukunftsprojekte, Kultur sowie soziales Engagement und investiert in Nachhaltigkeit und ökologisches Bewusstsein: www.apobank.de/mehr-ermoeglichen